Wie sah unsere Welt vor 150 Millionen Jahren aus?
Im zentralen Atrium des Museums für Naturkunde sind Fossilien von Pflanzen und Tieren aus dem späten Jura ausgestellt. Viele der ausgestellten Objekte stammen aus einer Ausgrabung des Museums, die zwischen 1909 und 1913 auf dem Tendaguru, einem Hügel in der Region Lindi im heutigen Tansania, stattfand. Unter der Leitung des Paläontologen Werner Janensch wurden dort rund 230 Tonnen fossile Knochen ausgegraben. Ohne die Hilfe von Hunderten afrikanischer Männer und Frauen wäre diese Arbeit jedoch nicht zu bewältigen gewesen. Deshalb stehen nicht nur die Funde im Mittelpunkt der musealen Forschung, auch die Expedition selbst wird kritisch hinterfragt und regt zur Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit an.
Die Dinosaurierskelette aus Tendaguru werden ergänzt durch Pflanzen und Tiere aus anderen Fossilienfundstellen, etwa aus dem weltberühmten Solnhofener Kalkstein. Ein besonderes Highlight ist das Berliner Originalexemplar des Urzeitvogels Archaeopteryx lithographica. Es wird in einer hochmodernen Sicherheitsvitrine ausgestellt, die eine ideale Umgebung für die Konservierung des Fossils bietet und es den Wissenschaftlern ermöglicht, es zu untersuchen.
Interaktive Fernrohre, so genannte Juraskope, zeigen den Besuchern in einer Schritt-für-Schritt-Animation, wie sich die Originalskelette in der Ausstellung in lebende Tiere verwandeln.
Bitte beachten Sie: In den Dinosaurier-Ausstellungen werden realistische Animationsfilme mit Jagdszenen unter Dinosauriern gezeigt, die Kinder erschrecken könnten.
Brachiosaurus (Giraffatitan)
Brachiosaurus brancai ist mit einer Höhe von 13,27 Metern das größte montierte Dinosaurierskelett der Welt, wie das Guinness-Buch der Rekorde bestätigt. Der Dinosaurier lebte vor 150 Millionen Jahren und ernährte sich von Pflanzen. Sein Skelett wurde von Forschern während der großen Tendaguru-Expedition gefunden. Der Name Brachiosaurus - Eidechse mit Armen - bezieht sich auf seine langen Arme. Im Jahr 2007 gaben ihm die Besucher den offiziellen Spitznamen Oskar.
Wissenschaftler in aller Welt rätseln, wie viel ein lebender Brachiosaurus tatsächlich wog. Einige haben eine Masse von 50 Tonnen errechnet, während andere glauben, dass er nur 20 bis 30 Tonnen wog. Außerdem interessieren sie sich für die statischen und physiologischen Probleme, die ein Dinosaurier dieser Größe zu bewältigen hatte.
Ein neuer wissenschaftlicher Name wurde Brachiosaurus im Jahr 2009 gegeben, als Unterschiede in Form, Größe und Proportionen der Knochen zur Unterscheidung zwischen einer nordamerikanischen und einer afrikanischen Brachiosaurus-Gattung führten. So wurde Brachiosaurus brancai zu Giraffatitan brancai. Dies ist nun der wissenschaftlich anerkannte Name, der von den Forschern verwendet wird.
Kentrosaurus
Kentrosaurus aethiopicus ist ein Mitglied der Stegosaurus-Gruppe. Sie lebten im Oberjura vor 161 bis 145 Millionen Jahren und waren Pflanzenfresser. Wie Brachiosaurus wurden auch die Fossilien von Kentrosaurus am Tendaguru Hill ausgegraben. Das Markenzeichen dieses Dinosauriers sind die paarweise angeordneten Stacheln entlang seines Rückens und Schwanzes. Der Hals und die Brust sind mit Knochenplatten bedeckt. Es ist noch unklar, welche Funktion diese knöchernen Strukturen hatten - die Stacheln könnten Verteidigungswaffen gewesen sein oder der Kommunikation gedient haben. Sie könnten auch ein beeindruckendes Schauspiel während des Paarungsrituals gewesen sein. Es wird auch vermutet, dass die Knochenplatten dazu beigetragen haben könnten, die Körpertemperatur zu regulieren.
Allosaurus
Allosaurus fragilis ist ein Mitglied der Theropoda-Dinosaurier. Dazu gehört unter anderem der Tyrannosaurus rex, der in der Kreidezeit lebte. Während des Oberjuras waren die Allosaurier die größten Fleischfresser. Ihr leichter Körper und ihre starken Kaumuskeln deuten darauf hin, dass sie aktive Jäger waren. Sie packten ihre Beute mit ihren scharfen Klauen und zerrissen sie dann mit ihren klingenartigen Zähnen. Da bei der Tendaguru-Expedition nur wenige Knochen des Tieres gefunden wurden, ist unser Allosaurus in der Ausstellung ein Abguss.
Theropoda gelten heute als die direkten Vorfahren der Vögel. Zu ihren gemeinsamen anatomischen Merkmalen gehören Hohlräume in den Wirbeln, der S-förmige Hals, der Bipedalismus (das Gehen auf zwei Beinen) und die Struktur der Eierschalen. Die Federn, eines der Hauptmerkmale der Vögel, entwickelten sich während der Evolution der Raubsaurier. Die Vorderbeine wurden länger und passten sich dem Flug an, der Schambeinast begann sich nach hinten zu biegen und das Schulterblatt wurde lang und schmal und nach hinten gebogen. Andere Vogelmerkmale entwickelten sich.
Pterodactylus Pterosaurier (geflügelte Echsen) beherrschten den Luftraum im Mesozoikum vor 200 bis 65 Millionen Jahren. Die kurzschwänzigen Pterosaurier (Pterodactyloidea) waren die ersten aktiv fliegenden Wirbeltiere. Während der Jurazeit waren die Flugsaurier eher klein, während sie später, in der Kreidezeit, mit einer Flügelspannweite von bis zu 11 Metern riesig wurden. Es ist erwiesen, dass Pterosaurier Eier legten. Die Jungtiere waren wahrscheinlich sofort nach dem Schlüpfen flugfähig. Die in der Ausstellung gezeigten Fossilien wurden in England, Bayern und am Tendaguru Hill gefunden.
Archaeopteryx
Das Berliner Exemplar des Urvogels Archaeopteryx lithographica gilt als das bekannteste Fossil der Welt. Es ist etwa 150 Millionen Jahre alt und wurde 1875 in Kalksteinablagerungen am Blumenberg bei Eichstätt/Bayern gefunden. Der Archaeopteryx weist sowohl Merkmale von Reptilien als auch von Vögeln auf. Zu den Reptilienmerkmalen gehören der knöcherne Schwanz, die Zähne und die Krallen an den Flügeln. Federn, Querlenker und Gehirn ähneln denen der Vögel. Dies macht den Archaeopteryx zu einem wichtigen Beweis für die von Charles Darwin entwickelten Evolutionsprinzipien. Die Evolutionstheorie besagt, dass es bei der Entwicklung neuer Gruppen Übergangsstadien geben muss, die Merkmale der anderen Gruppen aufweisen.